Gleiche Rechte für homosexuelle Paare?

Die Diskussion zu dieser Frage ist allgegenwärtig. In Frankreich wurde unter dem Slogan „Mariage pour tous“ ein Gesetz für die Gleichstellung homosexueller Paare im traditionellen Ehe – und Familienrecht verabschiedet. Das hat in christlichen und konservativen Kreisen eine große und bis heute andauernde Welle von Protesten ausgelöst. In den USA hat das Bundesgericht die Gesetzgebungen in einzelnen Staaten als verfassungswidrig erklärt; diese hielten fest, dass eine „Ehe“ allein eine Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau sein könne. Durch diese Erklärung wurde zum Beispiel in Kalifornien die Homo-Ehe wieder legalisiert. Der amerikanische Präsident Barack Obama hat anlässlich seiner ersten Afrikareise in der senegalesischen Hauptstadt Dakar Gleichheit für Homosexuelle in Afrika gefordert. «Menschen sollten durch die Gesetze ungeachtet ihrer Religion, ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Orientierung gleich behandelt werden», forderte Obama. Dabei ist in vielen Ländern Afrikas die Homosexualität immer noch ein Tabu. Es wird sogar eine Zunahme der Diskriminierung von Homosexuellen und Lesben beobachtet. In 38 Ländern südlich der Sahara gilt Homosexualität als Straftat.

In der Schweiz hat das Radio SRF kürzlich im Sendegefäß „Forum“ das Thema aufgenommen und gefragt, ob da ein Kulturkampf im Gange sei. Dabei wurde auch diskutiert, dass in der Schweizerischen Bundesverfassung Artikel 14 (Recht auf Ehe und Familie) die Ehe nicht wort-wörtlich als ein Bund zwischen Mann und Frau definiert wird. Es wurde vorausgesetzt — und in den Erklärungen zum Verfassungstext auch erläutert — dass es sich um eine Ehe zwischen einem Mann einer Frau handle. Vom Textbestand her (Artikel 14) bräuchte es demnach keine Verfassungsänderung, um die Homo-Ehe anzuerkennen. Im Zivilgesetzbuch müsste jedoch eine große Zahl der Paragraphen zum Familien- und Eherecht neu geschrieben werden. Es wurde in der Diskussion dieser Radiosendung sehr schnell deutlich, dass in Sachen Homo-Ehe viele Zuhörer Mühe bekundeten die Trennung von Kirche und Staat in dieser Angelegenheit zu akzeptieren. Das bürgerliche Recht muss sich nicht mit dem Kirchenrecht decken. Die Kirchen mögen ihren Bedeutungsverlust im Blick auf die Prägung der bürgerlichen Gesetze bedauern.

In der Schweiz ist staatliche Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung seit 2000 laut Bundesverfassung untersagt. Seit 2007 ist die Registrierung von homosexuellen Paaren möglich (Partnerschaftsgesetz). Die Statistik sagt, dass seither in der Schweiz mehr als 10'000 Frauen und Männer ihre Partnerschaft offiziell gemacht haben. Ihre Beziehung wird offiziell anerkannt und rechtlich in vielen, aber nicht in allen Bereichen der Ehe heterosexueller Paare gleichgestellt.
Das wird von Betroffenen als Diskriminierung empfunden. So schloss bisher das Partnerschaftsgesetz die Adoption durch eingetragene gleichgeschlechtliche Paare ausdrücklich aus. Nach dem Nationalrat hat nun auch der Ständerat eine Änderung des Adoptionsgesetzes gut geheißen. Die Adoption eines Kindes des gleichgeschlechtlichen Partners in einer eingetragenen Partnerschaft soll neu zugelassen werden. Der Bundesrat nimmt die Änderung an die Hand.

Auch in der Schweiz sehen konservative und kirchliche Kreise eine Bedrohung des traditionellen Familienbildes und eine Aufweichung der Institution der Ehe in der Weiterentwicklung des Partnerschaftsgesetzes und in der Anerkennung der Homo-Ehe.

Die Evangelisch-methodistische Kirche hat sich seit Jahren mit der Homosexuellenfrage und der Heirat von Lesben und Schwulen befasst. In der Kirchenordnung, welche weltweit für die Evangelisch-methodistische Kirche maßgebend ist, wird festgehalten, dass die Ehe ein Bund sei, der in der Treue zwischen einem Mann und einer Frau begründet sei.

Die Kirche hält fest, dass Menschen aufgrund von Rasse oder Hautfarbe, nationaler Herkunft, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Stellung nicht diskriminiert werden dürfen. Alle sind eingeladen an ihren Gottesdiensten teil zu nehmen. Daneben steht aber seit 1972 der Satz in der Kirchenordnung, dass die Praxis der Homosexualität unvereinbar sei mit der christlichen Lehre. So können bekennende Homosexuelle und Lesben zum Beispiel nicht als Pfarrerinnen oder Pfarrer ordiniert werden, und die Kirche erlaubt keine Eheschließungen unter Schwulen und Lesben. Ein Pfarrer oder eine Pfarrerin wird unter Anklage gestellt, wenn sie eine Trauung eines homosexuellen Paares hält, auch in Ländern, wo der Staat die Homo-Ehe als legal erklärt hat.

Dem Buchstaben nach steht also die Evangelisch-methodistische Kirche ganz auf der konservativen Seite und ihrer Interpretation der biblischen Lehre. Unter den Delegierten an die Generalkonferenz (die verfassungsgebende Versammlung der Weltkirche) jedoch herrscht ein starkes Ringen um eine Öffnung vor. Mit der Opposition der Stimmen aus der südlichen Hemisphäre gegen eine Öffnung war aber bisher eine Änderung der Kirchenordnung nicht möglich.

Ein Kompromissvorschlag, der Freiraum schaffen wollte, formulierte, dass die Kirche in diesen Fragen keine einheitliche Überzeugung habe. Der Kompromiss wurde an der letzten Generalkonferenz verworfen. So ist die Kirche weiterhin unterwegs mit der konservativen Auffassung des Kirchenrechtes und auch mit dem Schmerz der Uneinigkeit in der Frage. Das erfordert Geduld, Gebet, und den steten Versuch, zusammen zu bleiben, trotz unterschiedlichen Auffassungen.

Ich bin überzeugt, dass die Kirche mit dem Wandel der bürgerlichen Gesetze und dem Wertewandel in der Gesellschaft von der gesellschaftliche Wirklichkeit nicht unberührt bleiben kann. Sie muss die neuen Formen von Familie und Partnerschaft in der Gesellschaft im Blick behalten und sorgfältig bedenken, wie sie ihnen entsprechen kann. Das ist eine wichtige Gestaltungsaufgabe für jede christliche Gemeinschaft. Der Ehebund wird biblisch-theologisch als eine „göttliche Stiftung“ verstanden. Ein geschichtlicher Überblick zeigt deutlich, dass dieser Bund sich in seiner Ausgestaltung stets auch der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bewusst werden und sich anpassen musste. Ehe, Familie, sexuelle Orientierung: eine Gemeinde oder Kirche, welche ihre Sendung in der Welt und für die Welt lebt, muss sich im unaufgeregten Gespräch damit auseinandersetzen können. Und auch divergierende Auffassungen ertragen können.

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Kommentare: 4
  • #1

    weyer-strasbourg (Samstag, 13 Juli 2013 18:54)

    Theologische wagst Du Dich ein wenig gefährlich aus dem Fenster heraus mit dem Ende Deiner Darstellung. Glaubst Du nicht?

  • #2

    Heinrich Bolleter (Samstag, 13 Juli 2013 19:54)

    ich nehme nicht Partei. Ich sage nur, dass die Kirche sich mit diesen Fragen befassen und sorgfältig überlegen muss, wie sie Menschen, welche nach bürgerlichem Recht einen anderen Weg gehen oder gegangen sind, begleiten will.
    Aufgeregte Gespräche und der Kampf auf der Strasse helfen im Blick auf diese seelsorgerliche Dimension nicht weiter.

  • #3

    Michael Nausner (Samstag, 13 Juli 2013 21:38)

    Lieber Heiri,

    ich finde Deinen blog sehr konstruktiv. Zurzeit herrscht in Deutschland "Aufregung" (eine Gesprächsatmosphäre, die Du ja vermeiden willst) angesichts des neuen Orientierungspapiers der EKD "Autonomie und Zusammengehörigkeit". Ich finde, dass sich dort viel Bedenkenswertes lesen lässt zur unumgänglichen Veränderlichkeit von Ehe in unterschiedlichen kulturellen Kontexten. Wir praktizieren ja Gott sei Dank nicht die Ehe, wie sie in den patriarchalen Gesellschaften der biblischen Zeit praktiziert wurde. Trotzdem halten wir sie für einen heiligen Bund. Deshalb bin ich auch ein überzeugter Anhänger eines "unaufgeregten" und hellhörigen Gesprächs über diese wie über so viele andere Fragen. Und ich kann nicht umhin zu gestehen, dass ich mir angesichts vieler christlicher (!) lesbischer und schwuler FreundInnen eine Öffnung in dieser Frage erträume, auch wenn ich mit den Beschlüssen unserer Kirche leben muss.

  • #4

    Heinrich Bolleter (Mittwoch, 17 Juli 2013 09:23)

    One of the examples about the church law that divides. An issue for prayer.
    Elders Face Complaints in NY
    A second New York Annual Conference clergy member faces a complaint under the denomination’s stance on
    homosexuality. The Rev. Sara Thompson Tweedy, a UM ordained elder, is facing a formal complaint that she is a
    “self-avowed practicing homosexual,” a chargeable offense under church law.
    Tweedy has previously served in parish ministry and now serves in extension ministry as the dean of student development
    services in the State University of New York Sullivan, a community college. She attends Memorial UMC
    in White Plains, N.Y., where she preaches monthly.
    The Rev. Thomas Ogletree, a UM theologian and retired elder in the New York Conference, announced this
    spring that he is facing a formal complaint under church law for officiating at the same-sex wedding of his
    son on Oct. 20.
    The complaint against Tweedy was filed earlier this year. After the just resolution process failed in both the cases
    of Ogletree and Tweedy, New York Area Bishop Martin D. McLee referred each case to a counsel of the church—
    the equivalent of a prosecutor.
    The church counsel has the task of officially investigating and determining whether evidence supports the complaint.
    The counsel also decides whether to file formal charges and potentially set in motion the trial process.
    Both the complaints against Ogletree and Tweedy are at roughly the same stage in the complaint process.
    Church law allows for other possibilities beyond a church trial, said the Rev. Robert Walker, assistant to the bishop
    in New York. “Most complaints are resolved by the just resolution process and don’t go to trial,” he said.
    Voters in the New York Conference have repeatedly approved petitions to General Conference that seek to
    change church law on homosexuality. —Heather Hahn, UMNS